Innerhalb der Betriebswirtschaftslehre wird Innovation als wichtige Managementaufgabe für die langfristige Performance von Unternehmen gefasst, das durch effektivitäts- und effizienzsteigernde Controlling-Instrumente noch erfolgreicher gestaltet werden kann (vgl. u. a. Franken & Franken, 2020; Swoboda & Weiber, 2013, S. 13; Hansen & Winther, 2011; Möller & Janssen, 2010). Innovationsprozesse sind im Zuge von (disruptiven) Megatrends resp. VUCA-Phasen aber nicht mehr nur wesentlicher Bestandteil wirtschaftlichen Handelns gesunder Unternehmen, sondern auch zunehmend im Management von hoch komplexen Distressed-Situationen (vgl. hierzu Exler, Situm & Erharter, 2021, S. 163; Laute, 2021; außerdem STANDARD, 2020; White & Case, 2019). In diesem Kontext weisen Möller, Menninger & Robers (2011, S. 1) auf ein Paradoxon des klassischen Innovationscontrollings hin: „Durch den Kontrollaspekt des Controllings werden Kreativität gebremst und Innovationskraft verringert“ (vgl. hierzu auch Grundmann & Spitzner, 2019, S. 410). Diese Analyse wird auch durch Exler et al. (2021, S. 168 f.) bestätigt, die aufzeigen, „dass Innovationen eher in Krisensituationen angewandt werden, welche als „kontrollierbar“ eingestuft werden können.“ Hierauf aufbauend lohnt ein koevolutionärer Blick auf regionale Innovationssysteme in Transformationsländern, die im engen Zusammenhang mit der Innovationsfähigkeit ihrer regionalen Unternehmen stehen und im Sinne der Methodik des Design Thinking (menschenzentriert, iterativ, kollaborativ) versuchen, ihre Geschäftsmodelle zu innovieren (vgl. Mihalache & Volberda, 2021; Lewrick, Link & Leifer, 2018; Moutinho & Filipe, 2016; Gössling & Rutten, 2007). Als Beispiele aus dem deutschsprachigen Raum sollen an dieser Stelle Begleitprozesse von Transformationsprozessen in Kohlerevieren oder die Creative Region Linz & Upper Austria ausreichen. Wohingegen es jedoch eine Fülle von Literatur über Restrukturierung und Insolvenz gibt, haben sich bisher nur zwei Publikationen fundiert mit der Rolle von Geschäftsmodellen für den Turnaround-Erfolg auseinandergesetzt, eine Auseinandersetzung mit einer agilen Controlling-Methodik von Innovationsprozessen fehlt in Gänze (vgl. hierzu Laute, 2021; von Leoprechting, 2020). Als Forschungsdesiderat ergibt sich in diesem Zusammenhang die empirische Entwicklung einer agilen Controlling-Methodik zur Steuerung von Innovationsprozessen sowohl in regionalen als auch ökonomischen Distressed-Situationen (im Sinne einer sog. Balanced Restart-Card, u. a. zur Messbarkeit von De-Risking-Fortschritten, der Erweiterung von Lösungsräumen und Handlungsmöglichkeiten).
Literatur
Exler, M., Situm, M. & Erharter, M. (2021). Krisenbewältigung durch Innovationsmanagement. Ergebnisse einer aktuellen empirischen Studie zum Zusammenhang zwischen Innovation und Unternehmenserfolg. In: KSI 4/21, pp. 163-169.
Franken, R. & Franken, S. (2020). Wissen, Lernen und Innovation im digitalen Unternehmen: Mit Fallstudien und Praxisbeispielen. Wiesbaden: Springer Fachmedien
Gössling, T. & Rutten, R. (2007) Innovation in Regions. In: European Planning Studies, 15:2, pp. 253-270
Grundmann, T. & Spitzner, J. (2019). Transparente und vorausschauende Restrukturierung mit Szenarioanalyse. In: Exler, M. & Situm, M. (Hrsg.). Restrukturierungs- und Turnaround-Management. pp. 409-440. ESV: Kufstein
Hansen, T. & Winther, L. (2011). Innovation, regional development and relations between high- and low-tech industries. In: European Urban and Regional Studies, 18(3): pp. 321-339.
Laute, M. (2021). Corporate Restructuring, Transformation, and Innovation: Insights into Contemporary Theory and Practice in Germany. European Business School: Oestrich-Winkel [bisher unveröffentlicht]
Lewrick, M., Link, P. & Leifer, L. (2018). Das Design Thinking Playbook. Mit traditionellen, aktuellen und zukünftigen Erfolgsfaktoren (2. Auflage). München: Verlag Franz Vahlen
Mihalache, O., & Volberda, H. (2021). Business Model Innovation in Transforming Economies: A Co-evolutionary Perspective for a Global and Digital World. In: Management and Organization Review, 17(2), pp. 202-225.
Möller, K. & Janssen, S. (2010). Innovationssteuerung 2010. Mit Innovationscontrolling Kreativität wirtschaftlich entfalten. Ergebnisse einer empirischen Erhebung in Elektrotechnik, Instrumenten-, Fahrzeug- und Maschinenbau. Schriftenreihe der Professur für Unternehmensrechnung und Controlling der Universität Göttingen.
Möller, K., Menninger, J. & Robers, D. (2011). Innovationscontrolling. Erfolgreiche Steuerung und Bewertung von Innovationen. Stuttgart: Schäffer-Poeschel-Verlag
Moutinho, F. & Filipe, R. (2016). Absorptive capacity and business model innovation as rapid development strategies for regional growth. In: Investigación Económica, vol.75, n.295, pp.157-202
STANDARD Verlagsgesellschaft m.b.H. (STANDARD). (Hrsg.). (2020). Wettlauf mit der Zeit: Deutsche Investoren wollen steirische ATB retten. Zuletzt online abgerufen am 22.11.2021 unter https://www.derstandard.de/story/2000119108051/wettlauf-gegen-die-zeit-deutsche-investoren-wollen-steirische-atb-retten
Swoboda, B. & Weiber, R. (2013). Grundzüge betrieblicher Leistungsprozesse. Marketing, Innovation, Produktion, Logistik und Beschaffung. Vahlen: München
von Leoprechting, G. (2020). Langfristige Restrukturierung des Geschäftsmodells. In: von Leoprechting, G. (Hrsg.). Unternehmenssanierung. 3. Auflage, pp. 71-98). NWB: Berlin
White & Case LLP (White & Case). (Hrsg.). (2019). White & Case Partner Undritz gelingt innovativer Neustart von TETENAL. Zuletzt online abgerufen am 22.11.2021 unter https://inso.whitecase.com/news/white-case-partner-undritz-gelingt-innovativer-neustart-von-tetenal